BN/CC-Isosterie hat sich als praktikable Strategie zur Steigerung der Vielfalt chemischer Strukturen herausgestellt.[1, 2] Besonderes Interesse gilt dabei der Chemie der 1, 2-Dihydro-1, 2-azaborine (im Folgenden als 1, 2-Azaborine abgekürzt), die einen BN-isosterischen aromatischen Ring enthalten und die als neuartige aromatischen Verbindungen relevant für die biomedizinische Forschung und die Materialwissenschaft sein kçnnen. Während der letzten Dekade wurden erhebliche Fortschritte bei der Synthese und Charakterisierung von 1, 2-Azaborinen erzielt.[3, 4] Allerdings ist fast nichts über das Verhalten von 1, 2-Azaborinen in biologischen Systemen bekannt. In einer früheren Arbeit haben wir die Bindung von N-Ethyl-1, 2-azaborin und seiner Stammverbindung 1, 2-Azaborin in einer hydrophoben Bindetasche der L99A-Mutante des Phagen-T4-Lysozyms nachgewiesen.[5] Es gab bisher aber keinen Nachweis einer biochemisch aktiven Rolle von 1, 2-Azaborinen, z. B. als Substrat oder Inhibitor eines Enzyms. Im Hinblick auf die Bedeutung aromatischer Strukturen in Pharmazeutika hat die Erforschung biochemischer Reaktivitäten von 1, 2-Azaborinen große Bedeutung: Der neue Spielraum für chemische Synthesen, der sich durch die 1, 2-Azaborine ergibt, kçnnte neue Wege in der Medikamentenentwicklung und der biomedizinischen Forschung ebnen. Hier zeigen wir, dass die BN-Isostere des Ethylbenzols, N-und B-Ethyl-1, 2-azaborin, tatsächlich starke Inhibitoren der Ethylbenzol-Hydroxylierung durch Ethylbenzol-Dehydrogenase (EbDH) sind. Damit wird erstmals nachgewiesen, dass BN/CC-Isosterie prinzipiell zu neuartigen biochemischen Reaktivitäten führen kann (Schema 1). EbDH ist ein Molybdänenzym, das eine Sauerstoff-unabhängige Hydroxylierung von Ethylbenzol zu (S)-1-Phenylethanol katalysiert und damit den anaeroben Abbau von Ethylbenzol im denitrifizierenden Betaproteobacterium „Aromatoleum aromaticum “einleitet.[6–10] Die Sauerstoff-unabhängige Hydroxylierung eines nichtaktivierten Kohlenwasserstoffs ist dabei eine ungewçhnliche und einzigartige Eigenschaft dieses Enzyms.[8] Ein mçglicher Reaktionsmechanismus der EbDH, bei dem aufeinanderfolgende radikalische und carbokationische Substratderivate als Reaktionsintermediate auftreten, wurde aus quantenchemischen Rechnungen und experimentellen Daten vorhergesagt.[11–16] Das Enzym hydroxyliert ein äußerst breites Spektrum alkylierter aromatischer und heteroaromatischer Verbindungen [12] in einer enantioselektiven Reaktion. Deshalb bietet es ein sehr geeignetes Testsystem zur Überprüfung der 1, 2-Azaborine als mçgliche Substrate. Hier untersuchten wir spezifisch N-Ethyl-1, 2-azaborin und B-Ethyl-1, 2-azaborin als Substrate für EbDH (Schema1). Überraschenderweise wiesen wir dabei mit keinem der beiden 1, 2-Azaborine eine enzymatische Umsetzung nach, weder mit dem photometrischen Enzymtest noch durch GC-MS-Analyse von Ethylacetat-Extraktionen von Reaktionsgemischen, die bis zu zwçlf Stunden inkubiert wurden. Allerdings konnten wir sowohl N-Ethyl-1, 2-azaborin als auch B-Ethyl-1, 2-azaborin als potente Inhibitoren von EbDH identifizieren (Abbildung1a). Besonders N-Ethyl-1, 2-azaborin erwies sich als sehr effizienter Inhibitor mit einem IC50-Wert von 2.8 μm, während B-Ethyl-1, 2-azaborin einen IC50-Wert von 100 μm aufwies. Die Natur der Inhibition mit N-Ethyl-1, 2-azaborin wurde in einer detaillierteren inhibitionskinetischen Analyse weiter untersucht (Abbildung 1b). Wir identifizierten N-Ethyl-1, 2-azaborin dabei als