Dystopien gelten gemeinhin als Gegenstücke zu, vor allem literarischen, Utopien. Wie diese erfüllen sie eine bestimmte Funktion, zentral ist hier diejenige der Mahnung und Warnung. Wovor im Einzelnen gewarnt werden soll ist freilich eine Frage des je eigenen Standpunktes. Es lassen sich aber, analog zur Utopie, bestimmte Muster erkennen. Der Utopieforscher Richard Saage unterscheidet, angelehnt an Andreas Voigt, zwischen staatszentrierten (archistischen) und staatsfernen (anarchistischen) Utopien.„Das Ideal der archistischen Utopie ist daher in der Regel ein Staat mit starker umfassender Zwangsgewalt, der die Beziehungen der Staatsangehörigen von der Wiege bis zur Bahre in allen Einzelheiten regelt. Das Leitbild der anarchistischen Utopie geht demgegenüber vom Gesellschaftsideal der absoluten Freiheit aus “. 1 Beide Ausrichtungen haben gemeinsam, dass es um utopische Möglichkeiten geht, ob nun vom Staatsfetischismus2 einer übergeordneten Instanz oder vom Anarchismus gewaltfreier Ordnung ausgegangen wird. Vorstellungen dystopischer Zukünfte hingegen kennen als Gegensatz zur Staatsdiktatur auch das Chaos. Thematisieren manche Dystopien die Übermacht des Staates, so andere als Gegenteil dazu den Staatszerfall. 3 Die Dystopie einer Ökodiktatur, um die es im Folgenden gehen wird, weist Besonderheiten auf: Einerseits gehört sie klar auf die Seite der staatszentrierten, archistischen Dystopien. Andererseits wird sie oft als Antwort auf ökologische Katastrophen und Chaos beschrieben. Staatliche Diktatur als Lösung ökologischer Probleme ist heute ein brisanter Topos. Grundlegend sind drei Varianten zu unterscheiden, die hinsichtlich ihrer Formen und Funktionen stark differieren: Es gab und gibt Autor* innen, vor allem seit den 1970er Jahren, die angesichts der Dystopie ökologischer Katastrophen eine Ökodiktatur als nötige konkrete Entwurfs-Utopie sehen (1.). Die Utopie der einen, ein Öko-Staat um Chaos abzuwenden, ist die Dystopie der anderen, wie hier exemplarisch an drei Roman-Dystopien der 1980er und 1990er Jahre verdeutlicht wird (2.). Drittens hat die Ökodiktatur als Dystopie in den 2000ern und 2010ern Brisanz, da sie von Leugner* innen ökologischer Bedrohungen als Ziel des Umweltschutzes behauptet wird (3.). Der Topos