Bedeutung zwischen norm und naturgesetz

K Glüer - Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2000 - degruyter.com
Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2000degruyter.com
Dass das Sollen nicht Teil der Natur sei, ist ein Gedanke, den wir bereits bei Kant finden. Er
schreibt:„Das Sollen drückt eine Art von Notwendigkeit und Verknüpfung mit Gründen aus,
die in der ganzen Natur sonst nicht vorkommt. Der Verstand kann von dieser nur erkennen,
was da ist, oder gewesen ist, oder sein wird. Es ist unmöglich, daß etwas darin anders sein
soll, als es in allen diesen Zeitverhältnissen in der Tat ist, ja das Sollen, wenn man bloß den
Lauf der Natur vor Augen hat, hat ganz und gar keine Bedeutung"(KdrV, A 547) …
Dass das Sollen nicht Teil der Natur sei, ist ein Gedanke, den wir bereits bei Kant finden. Er schreibt:„Das Sollen drückt eine Art von Notwendigkeit und Verknüpfung mit Gründen aus, die in der ganzen Natur sonst nicht vorkommt. Der Verstand kann von dieser nur erkennen, was da ist, oder gewesen ist, oder sein wird. Es ist unmöglich, daß etwas darin anders sein soll, als es in allen diesen Zeitverhältnissen in der Tat ist, ja das Sollen, wenn man bloß den Lauf der Natur vor Augen hat, hat ganz und gar keine Bedeutung"(KdrV, A 547). Gegenwärtig avanciert nun, was wir einen modernen Normativismus nennen können, in der Philosophie der Sprache und des Geistes erneut zum Credo einer stärker werdenden Opposition zum lange dominanten Naturalismus. Allerorten ist zu hören, dass Bedeutung, propositionaler Gehalt, das Intentionale oder das Rationale normativ sei, und, ergo, in ihrem eigentlichen Wesen mit naturalistischen Mitteln prinzipiell nicht zu erfassen. Diese Entwicklung wird als eine Art „normativistischer Wende" von grundlegender philosophiehistorischer Bedeutung gefeiert:„When intellectual historians look back at the progress of philosophy", prophezeit beispielsweise Robert Brandom,„our century will appear as a time when, after three hundred and fifty years, we finally saw through Descartes. It is in our time that the collection of puzzles and problems that have collected around the Cartesian dualism of body and mind has been supplanted by those associated with what now appears to be the more fundamental Humean-Kantian dualism of fact and norm, which appeared only darkly and misleadingly in its Cartesian guise. Heading the list of names they will associate with that conceptual sea-change are Wittgenstein and Sellars."(Brandom 1999, Herv. v. KG) Und er schart eine hehre Ahnenreihe um das Banner des Normativismus; sie reicht von Leibniz und Spinoza über Kant, Frege und Wittgenstein bis zu Sellars und Rorty (vgl. Brandom 1994, insb. Kap. 1).
An diesem normativistischen Trend ist vieles bemerkenswert, nicht zuletzt, wie wenig Sorgfalt in den meisten Fällen darauf verwendet wird, zu erklären, was hier überhaupt mit Normativität gemeint ist. Sieht man genauer hin, so zerfällt die vermeintlich einheitliche Position des Normativismus in eine Vielzahl verschiedener und nicht unbedingt miteinander vereinbarer Einzelpositionen, vertreten von so disparaten Philosophen wie Baker und Hacker, Blackburn, Boghossian, Brandom, Bürge, Dummett, Glock, Kripke oder McDowell, um nur einige zu nennen. Dies gilt auch dann, wenn wir versuchen, die Thesen anhand ihrer Gegenstände zu unterscheiden, also z. B. wie hier nur die Normativität von Bedeu-
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