Seit dem Ausbruch der Euro-Krise hat sich eine intensive Diskussion über die institutionelle Reform der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) entwickelt. Doch trotz weitreichender Reformvorschläge von Seiten Frankreichs und der Europäischen Kommission verläuft der Reformprozess schleppend und inkrementell, sodass die grundlegenden ‚Konstruktionsfehler‘ der EWWU bisher nicht beseitigt wurden. Der Beitrag argumentiert, dass der Reformprozess nicht bloß durch vorübergehende ‚Meinungsverschiedenheiten‘ zwischen den Mitgliedsstaaten, sondern durch eine zunehmende wirtschaftliche Asymmetrie in der deutsch-französischen Achse gelähmt ist. Dieser Asymmetrie liegt wiederum eine Re-Orientierung Deutschlands in der europäischen und internationalen Arbeitsteilung zugrunde. Um dieses Argument auszuführen, stellt der Beitrag zunächst die historische Entwicklung und Bedeutung des deutsch-französischen Bilateralismus in der europäischen Wirtschaftsintegration dar und beleuchtet den bisherigen Verlauf der EWWU-Reformdiskussion. Hieran anschließend diskutiert er die Widersprüche und Unzulänglichkeiten der aktuellen Reformvorhaben und erklärt diese im Rahmen einer Analyse der wachsenden wirtschaftlichen Asymmetrie zwischen Deutschland und Frankreich und der zunehmenden wirtschaftlichen Re-Orientierung Deutschlands nach Osten in Richtung der Visegrád-Länder und der asiatischen emerging markets.