Der Rechtsrahmen für Medizinprodukte im europäischen Wirtschaftsraum wird durch die Verordnung (EU) 2017/745 („MDR“) grundlegend novelliert. Zusätzlich ist in Deutschland seit Dezember 2019 das nationale Digitale-Versorgung-Gesetz („DVG“) in Kraft getreten. Diese regulatorischen Änderungen haben großen Einfluss auf die Medizintechnik-Branche und demonstrieren exemplarisch die Auswirkungen regulatorischer Anforderungen auf die Innovationskraft in der Medizintechnik. Das auf die Förderung digitaler Innovationen ausgerichtete DVG ermöglicht die vergleichsweise einfache Erstattung digitaler Gesundheitsanwendungen und senkt damit die Markteintritts- und Innovationshürden solcher Medizinprodukte mit niedriger Risikoklasse deutlich. Im Gegensatz dazu erschwert die MDR durch detaillierte und umfangreichere Anforderungen an das Konformitätsbewertungsverfahren den Marktzugang von Medizinprodukten. Während die Änderungen durch das DVG überwiegend als innovationsfördernd eingestuft werden, wird die MDR zumindest von Seiten der Industrievertreter überwiegend als innovationshemmend wahrgenommen. Die Änderungen im europäischen Rechtsrahmen für Medizinprodukte gewichten Gesundheitsschutz und Harmonisierung stärker, wodurch sich das Gleichgewicht von einem innovationsfreudigen zu einem stärker kontrollierenden, präskriptiven Rechtsrahmen verschiebt. Die Einführung des DVG kurz vor dem Ende des Übergangzeitraums von den europäischen Richtlinien zur MDR verdeutlicht, wie durch gezielte Änderungen von regulatorischen Anforderungen Innovationshürden flexibel variiert werden können.