Wenn ich über Zarathustra schreibe, so will ich weder die Posaune des Gerichtes über Nietzsche blasen, noch die Reklametrommel für ihn rühren. Das erste ist unwürdig und geschmacklos, aber leider noch nicht auf der ganzen Linie derer, die sich mit Nietzsche beschäftigen, aufgegeben. Das andere jedoch ist überflüssig, da es von Verehrern und Gegnern bereits reichlich besorgt. ist. Für Nietzsche werben halte ich aber auch aus einem anderen Grunde für unnötig. Die Gegenwart kennt soviel Quellen inneren Lebens, daß der dürstende Mensch die Wahl hat, wo er schöpfen will. Deshalb kann der moderne Mensch auch recht gut an Nietzsche vorübergehen und doch seiner Seele täglich neuen Reichtum schenken, ganz abgesehen davon, daß in einer Zeit, die ganz mit Nietzscheschen Gedanken und Stimmungen durchtränkt ist, Nietzsches Gedankenwelt doch irgend einen Weg findet, auf dem sie auch zu dem gelangt, der sich nicht unmittelbar mit ihm beschäftigt. Wenn ich daher für meine Person Nietzsche viel an Stimmung, an Lebenserfassung und an Lebensgehalt danke, so bin ich doch weit entfernt, zu erklären: es geht nicht ohne Nietzsche. Wer zum Historiker der Gegenwart werden will, kann natürlich nicht umhin, den tiefgehenden Einflüssen Nietzsches nachzugehen. Für unser inneres Leben aber liegt keine absolute Notwendigkeit vor, uns unbedingt in das Nietzschestudium zu stürzen, und das um so weniger, als doch die Lektüre wahrhaftig nicht das einzige Mittel ist, unser inneres Leben zu gestalten. Was soll aber dann noch ein Buch über Zarathustra? Es ist ein Versuch, die Leser Zarathustras in ihrem Verständnis dieses Werkes dadurch zu fördern, daß ich ihnen mein Verständnis darlege, kein gutes Verständnis, kein schlechtes Verständnis, sondern eben mein Verständnis. Denn bei einer Dichtung von so stark symbolistischem Gepräge und so absichtlichem Versteckspiel ist ein absolut richtiges Verständnis kaum zu erzielen. Es wird immer subjektiv sein, je nach dem Resonanzboden, den die